In dieser Ausstellungsreihe – von Juni bis Dezember 2007 – geht es um die inhaltliche Thematisierung des Kommenden, dessen was noch nicht ist, was sich erahnen lässt, was aber noch nicht anwesend ist.
Es geht um Spekulationen, um Visionen, um Zukunftsprognosen, vielleicht auch um eine Sprache der Werbenden, um Ankündigungen und Versprechungen, was demnächst gezeigt, verkauft, verhandelt, gedacht oder gehört werden wird.
Es geht um die Frage, inwieweit die Zukunft (im Kiosk) schon antizipiert ist, inwieweit das Kommende schon immer auch das Anwesende oder sogar Vergangene ist. Der Kiosk, seit über 100 Jahren – traditionellerweise – als (Zeitschriften-)Verkaufsstelle im öffentlichen Raum konzipiert, steht für die Gegenwart, für das Aktuelle. Dieser Kiosk, K&K in Weimar, wird sich ein halbes Jahr lang mit Zukünftigem beschäftigen. Wieder sind Künstler und Künstlerinnen und Kulturschaffende am Werk, ihre Vorstellungen eines ‚Demnächst’ zu vergegenwärtigen.
Der Trailer kündigt den Hauptfilm an. „Demnächst / Coming soon“. 360° Grad. Alles dreht sich um den Kiosk. Kratzspuren liegen über der sepiafarbenen Filmspur. Die Bilder zwinkern den Passant/innen lasziv und unscharf entgegen. Schnulzen, Western und italienische Komödien unterbrechen das Programm. Der Platz flimmert im Schein des Kinos. „Ich gehe gerne pünktlich ins Kino wegen der Vorfilme“.
Installation mit rotem Samtvorhang, Leuchtkasten und einer Filmcollage auf DVD
Felix Ruffert ist bildender Künstler und Gymnasiallehrer. Er forscht und sucht die Sinnzusammenhänge der Kunst primär im Alltäglichen, das er ortsbezogen befragt und je nach Kontext unterschiedlich materialisiert. Ein künstlerischer Forschungsansatz zieht sich durch sein gesamtes Werk, sei es in der oral history, als Befragung von Menschen oder in der teils auch ironisch-poetischen Revitalisierung von ausgedienten (DDR-) Gerätschaften.
Die umfangreiche Wörter- und Begriffssammlung der Brüder Grimm dient mit den Einträgen zu Zukunft und zukünftig, als Ausgangsmaterial für diese kompakte Installation. Das Drucken derselben auf neongelben und neongrünen Papierbahnen verhilft den nun fast pamphletistisch wirkenden Textauszüge – zusätzlich gekontert mit der Ästhetik von Laden-Neueröffnungen – zu einer Aktualisierung und Neubefragung. Die Zukunft von gestern müsste doch die Vergangenheit von heute sein? Aber wo ist die Gegenwart?
aus: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm
Band 32, (Zobel - Zypressenzweig)
Seiten: 477 bis 487
1854 (1. Ausgabe) Band 32, bearbeitet bis 1954
Lizenzausgae des Deutschen Taschenbuch Verlages 1954, Nachdruck 1991
Katharina Hohmann ist bildende Künstlerin, Kuratorin und Dozentin.
Sie ist auch Mitbegründerin des K&K.Zentrum für Kunst und Mode, gemeinsam mit Katharina Tietze, 2002.
Der Kiosk hat Patina angesetzt. Oberflächen zeigen Spuren von Gebrauch und werfen nicht nur die Frage danach auf, was war, sondern auch danach, was kommen wird, demnächst, Montag bis Sonntag. Zunächst aber gibt es nichts zu kaufen. Und der Schalter ist geschlossen.
Die Installation versetzt den Kiosk in die Vergangenheit, macht ihn zu einem melancholischen Großstadtkiosk, der längst aufgegeben wurde, weil der Getränkemarkt ja auch die Zeitung hat. Die Fundmaterialien, aus Plakatwänden entnommen und neu integriert, sprechen eine ganz andere Sprache, die der Aktualität. Sie weisen in eine noch unbekannte Zukunft; will man diese aber genauer inspizieren, trifft man nur immer wieder auf die gestikulierende Frau, die vorne in der Luke die Achseln zuckt.
Materialien: Acrylfarbe auf Papier, Fundmaterial, Videoloop
Leonie Weber ist bildende Künstlerin und Projektinitiatorin, wie z.B. der floating series, die sie seit 2006 gemeinsam mit dem Schriftsteller Jesse Seldess an immer wechselnde Orte verschiebt. In ihren eigenen Arbeiten beschäftigt sie sich mit Filmsequenzen, die wie Teile aus Spielfilmen wirken und sich auf reale, oft banale Episoden beziehen, die Weber sehr realitätsnah inszeniert. Die ins Absurde geführten Dialoge spielen dabei eine große Rolle. www.leonieweber.net
erinnern und erwarten. jetzt und vorgestern,
gestern und morgen.
gleich, vorhin und übermorgen. gerade eben.
wir schauen in alle richtungen.
sehen wir das selbe?
Installation mit Objekten im Kiosk, Verschiedene Materialien
Alexandra Gaul wurde 1978 in Halle/Westfalen geboren und studierte Bildende Kunst in Leipzig und Düsseldorf. Ihr künstlerisches Schaffen umfasst die Zeichnung, Fotografie und die experimentelle Bildhauerei. Es entstehen Objekte, die oftmals mit Fundstücken kombiniert werden. Diese Fundstücke entspringen einer Sammlung, die seit vielen Jahren mit der Künstlerin von Stadt zu Stadt zieht. Jetzt in Weimar! Demnächst...
Die sechs großformatigen Fotografien von Manuel Fabritz entheben den Weimarer Kiosk am Sophienstiftsplatz seiner Verortung. Sie setzen in an anderen, zu seiner Funktion und seinem Erscheinungsbild scheinbar konträren Umgebungen aus: den schweizer Alpen. Diese daraus entstehenden absurden Szenarien zeigen auf spielerische Weise sowohl die temporäre Bespielung des Kiosk im Sehnsuchtraum Natur, als sie auch dem DDR Kiosk, Baujahr 1968, die Chance geben, sich nun für 2 Wochen auf sommerliche Wanderschaft zu begeben. Heute hier, demnächst...
Manuel Fabritz, *1961 in Berlin, studierte Bühnenbild am Mozarteum in Salzburg und hat als Bühnebildner an verschiedenen Bühnen in Deutschland gearbeitet.
Seit 2001 arbeitet er im Team von pleasant_net, Kommunikationsdesign, gemeinsam mit Johannes Bröckers, Daniel Wagner u.a. Seit 2006 leitet er das Department Scenografical Design an der Zürcher Hoschschule der Künste. www.pleasantnet.de
Kombinatorik ist das Zauberwort aller möglichen Künste: So geht es – aber andersherum ist es auch schön. Die einzige Regel: Haltet Eure Regeln ein! Dann wird aus Dirndl und Hochzeitskleid ein neues Patch-Werk. Und aus der Deutschen liebstes Gedicht wird ein Kulturbaukasten für ‚demnächst’. Warte nur, balde …
Sophie Dobrigkeit, Ulrike Gauder und Sigrid Ortwein sind Grafikerinnen und arbeiten an verschiedenen Projekten, in verschiedenen Büros und in der Lehre. Alle drei leben in Frankfurt am Main und haben gemeinsam Ougrapo gegründet als Prinzip für gestalterische Fragestellungen, Konzepte und Umsetzungen. www.ougrapo.de
Fritz von Klinggräff ist Literaturwissenschaftler und Journalist und leitet das Büro für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Weimar.
Die bunten Illustrierten wirbeln durch den Kiosk wie das Herbstlaub zum Zwiebelmarkt. Eine Fülle an Information überzieht das Papier und verbreitet sich durch dieses Medium. Die Symbiose ist ein Dokument der archaischen Verbindung zwischen Natur und Kultur, so wie Pflanzen sind, die die Kanten einer Ruine überwuchern und durchbrechen, jedoch auch abrunden.
Material: Papier, Äste, Kabelbinder
Liz Bachhuber, *1953 in Milwaukee (Wisconsin); Studium an der University of Arizona und University of Wisconsin (1976 BFA; 1979 MA), 1979-81 Fulbright/DAAD-Stipendiatin an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, 1983 Meisterschülerin, Reisestipendium der Kunstakademie Düsseldorf, 1983-84 Aufenthalt in Rom, 1987-89 Stipendiatin des National Studio Program at PS 1 (New York), 2006 Artist in Residence an der University of Wisconsin-Milwaukee.
Seit 1981 Einzel- und Gruppenausstellungen sowie Projekte im öffentlichen Raum im In- und Ausland. 1993 Berufung zu Professorin für Skulptur und Installation an der Fakultät Gestaltung der Bauhaus-Universität Weimar, dort seit 2001 Leiterin des MFA Programms „Kunst im öffentlichen Raum und neue künstlerische Strategien“.
Vor den großen Visionen muss man sich erstmal ausruhen. Denn die Träume kommen im Schlaf. Auch der Schwellenraum zwischen Wachen und Schlafen lässt manchmal ein Stück Traumschrift sehen. Das blaue Weggleiten ins Nichts wird von den Schlaflosen ersehnt und manchmal gefürchtet. Im Schlaf wird nicht gearbeitet. Trotzdem werden große Dinge vorbereitet oder bereiten sich vor. Mehr demnächst.
Unter dem Titel „Die Aufgestandenen“ präsentieren Daniel Guischard und Frank Hiddemann eine neue Installation im Kiosk am Sophienstiftplatz. Zu sehen sind zwei Bettstellen, in denen beschriftete Bettwäsche zurückgeblieben ist. In der Bibel steht: „Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und spät euch niedersetzt und euer Brot in Mühsal esst - den Seinen gibt er’s im Schlaf.“ (Psalm 127, 2) Und das steht auch als Stickerei auf den Leintüchern. Hatten hier zwei Obdachlose eine Vision?
Daniel Guischard *1977 in Goslar am Harz.
Studium der Architektur 1996-2002 an der Bauhaus-Universität-Weimar, TUTampere / Finland, TUDelft / Niederlande; Diplom 2004. Studium der Freien Kunst an der BUW 2000-2004. Arbeitet freischaffend an der Schnittstelle zwischen angewandtem und Kunst. Lebt mit Familie in Weimar.
Zuletzt gesehen: Schenterhaus Linz, Cafèladen Weimar, Lichthaus Kino Weimar, Peter&Paul am Frankenberg Goslar, Villa Dürkheim Weimar.
Frank Hiddemann, geb. 1960, verh., zwei Kinder. Studierte Theologie, Philosophie, Literatur-, Film und Sozialwissenschaften in Bochum; war dort Assistent für Praktische Theologie (Homiletik). 11 Jahre Studienleiter für Medien, Kunst und Kultur in Neudietendorf und Kurator zahlreicher Kunstprojekte in Sakralräumen; promovierte 2005 mit einer Arbeit zu kontextsensibler Kunst in Kirchenräumen, wurde 2007 in der Herderkirche ordiniert, seitdem Gästepfarrer des Kirchenkreises Weimar.
Plastik Mülltüten; Absperrband; Schablone.
Eine Alltagskultur der Demokratie, der Auseinandersetzung und des Dissens ist essenziell für Innovation. Gesellschaftsordnungen, die eine möglichst weit verbreitete Innovation anstreben, müssen ein bestimmtes Maß an Unordnung und Konfusion tolerieren. Kreative Kulturen sollten ihre Ordnung nicht zum Dogma erheben, weil sie die Menschen ermutigen müssen, sich den Regeln im Namen der Kreativität zu widersetzen. Demokratie und Übertragung von administrativer Unabhängigkeit, die mehr Menschen in die Verantwortung für ihr Leben nehmen, werden auf lange Sicht lebensnotwendig und unerlässlich für die Innovation der breiten Masse sein.
Charles Webster Leadbeater (1854)
BARKING DOGS UNITED
Künstler Duo gegründet in Oktober 2005
Nikos Arvanitis:
Geboren in Athen, Griechenland 1979, studierte Malerei an der Akademie für Bildende Künste, Wien, Österreich, an der Athener Hochschule der Bildenden Künste, Griechenland sowie in dem MFA Programm : Kunst im öffentlichen Raum und neue künstlerische Strategien der Bauhaus-Universität Weimar. Gewinner des ersten Preises im Wettbewerb : "ZeitGenosse Schiller", Weimar 2005. Nominiert für den "5. DESTE Preis 2007", der Deste Stiftung, Athen, Griechenland. Seine Arbeiten wurden unter anderem in Österreich, Griechenland, Island, Belgien und Deutschland ausgestellt.
Naomi Tereza Salmon:
1965 in Jerusalem, Israel geboren. Lebt und arbeitet in Deutschland. Studium der Fotografie am Hadassa College, Jerusalem und im MFA Programm : Kunst im öffentlichen Raum und neue künstlerische Strategien der Bauhaus Universität in Weimar. Kombiniert in ihrer Arbeit Fotografie, Video und Ton-Installationen und Objekte, sowie Interventionen. Teilnahme an mehreren Ausstellungen und Wettbewerben in Europa, Israel USA und Japan. Arbeitet seit 2007 als künstlerische Mitarbeiterin an der Bauhaus-Universität in Weimar und als freischaffende Kuratorin und im Lokalsender Radio Lotte in Weimar.
Die Delfine sind die Kinder der Grundschule „Christoph Martin Wieland“ und die Kinder Jenaplanschule Weimar.
Spricht man mit Kindern über das Thema Zukunft, kommen zunächst Träume vom eigenen Erwachsensein ins Spiel. Kinder werden später Tierärztin sein, Feuerwehrmann, Astronaut oder Schriftstellerin. Ganz bestimmt! Wie wird die Welt aussehen, wenn du groß bist? Diese Frage führt beängstigend schnell in Katastrophenszenarien, die man Kindern nicht zumuten will, denn sie sind es ja nicht, die die Umwelt verschmutzen, Kriege anzetteln, dem Elend dieser Welt tatenlos zusehen. Wie also mit Kindern über Zukunft reden? Wie sie dazu bringen, ihre Gedanken zu diesem Thema zu offenbaren – Gedanken, die nicht geprägt sind, von pädagogischen Winkelzügen der Erwachsenen? Beim Sichten sämtlicher künstlerischer Erzeugnisse, die von Kinderhand in unserer Schule in den letzten Wochen entstanden sind, stellten wir mit Erstaunen fest: Das Tun der Kinder dreht sich wie von selbst fast immer um Zukünftiges! Ob es die Auseinandersetzung mit einer Buchfigur ist, deren Geschichte weitergesponnen wird, ob es der mit Werbeschnipseln gestaltete Alltag einer fiktiven glücklichen Familie ist oder der gedruckte Schrotthaufen aus eben noch nagelneuen Autos – die Phantasie führt Kinder in die Zukunft. Sie verändern respektlos Gegebenes oder auch Gegebenheiten. Sie machen sich daran Schreiben und Lesen zu lernen, sie sind davon überzeugt (zu)künftig alles zu können, was sie brauchen und was sie wollen. Bilder sind deshalb nicht einfach Bilder, Schachteln nicht einfach Schachteln, Geschichten sind nicht einfach nur Geschichten – sie sind ein Blick in die Zukunft mit den Augen der Kinder.
Der Schreibspaziergang:
Einen Schwerpunkt bilden Ergebnisse aus dem Projekt „Schreibspaziergang“, in dem sich die Kinder vor allem mit dem Thema Schrift und Buch beschäftigen und über zwei Wochen schreiben, drucken, Bücher selbst gestalten und eine Buchfigur besonders intensiv begleiten. In diesem Jahr war das Herr Fuchs aus dem Buch „Herr Fuchs mag Bücher“ von Franziska Biermann.