TASCHENTÜCHER
K&K
ERÖFFNUNG
SONNTAG, 17. FEBRUAR 2002
Das Taschentuch ist kleinster gemeinsamer Nenner in unserem alltäglichen Bezug auf Textiles. Nicht so intim wie der Büstenhalter und nicht so vielförmig, auch nicht so unästhetisch wie die Socke, kommt das Taschentuch minimalistisch mit vier Ecken und dem Quadrat als Form aus. Das Taschentuch ist ein weißer Fleck, ein reduktionistisch gedachtes Stoffstück: ganz das, was es ist. Und das ist selten in der Mode. Das Quadrat ermöglicht verschiedene Falt- und Tragetechniken, ist aber immer symmetrisch, es gibt kein oben und unten, lediglich ein vorne und hinten – und das erkennen oft auch nur Spezialisten.
Das Taschentuch ist kleinster gemeinsamer Nenner in unserem allt�glichen Bezug auf Textiles. Nicht so intim wie der B�stenhalter und nicht so vielf�rmig, auch nicht so un�sthetisch wie die Socke, kommt das Taschentuch minimalistisch mit vier Ecken und dem Quadrat als Form aus. Das Taschentuch ist ein wei�er Fleck, ein reduktionistisch gedachtes Stoffst�ck: ganz das, was es ist. Und das ist selten in der Mode. Das Quadrat erm�glicht verschiedene Falt- und Tragetechniken, ist aber immer symmetrisch, es gibt kein oben und unten, lediglich ein vorne und hinten � und das erkennen oft auch nur Spezialisten. Da Taschent�cher prim�r funktional gedacht sind, sind die in der Herstellung daf�r verwendeten Stoffe Baumwolle, Leinen, Seide. Kaum Kunstfasern. Eine zweite Kategorie sind die T�chlein f�rs Revers, die Schmuckt�chlein f�r rituelle Kleidungsnormen zu Hochzeiten und Trauerfeiern. Diese Kategorie, in der das Tuch au�en getragen wird statt tief versteckt in der Tasche, verf�gt �ber ein gr��eres Farbspektrum und reichere Zierkanten. Repr�sentation eben. Wie Walter Benjamin in seinem �Passagen-Werk� anmerkt, war das Taschentuch schon um das Jahr 1840 Tr�ger zus�tzlicher Informationen. Der Stadtplan als Souvenir verbindlich als textiler Aufdruck, Wegweiser und Wischlappen gleicherma�en. Ein multifunktionales Stoffquadrat.
Multifunktionalit�t ist auch ein Ursprungsmerkmal des Taschentuches: Das Taschentuch als Halstuch, als Kopftuch, als Tuch zum Verbinden von Wunden und schmerzenden Gliedern, als klassisches Rotztuch und als Schwei�tuch. Alles in einem. Hier tauchen zwei weitere Bez�ge auf: Das Schwei�tuch der Veronika, also das Tuch, in dem Jesus auf seinem letzten Weg zum Kreuz seine Stirn trocknete und dessen Reste heute als Streitobjekte in Sachen Beweismittel g�ttlicher Pr�senz auf Erden dienen. Das ber�hmteste dieser wohl �ltesten �berlieferten Taschent�cher h�ngt heute in den Vatikanischen Museen in Rom.
Abschiednehmen, wer wei�, f�r wie lange, am Bahnhof und am Quai � besonders sch�n in den alten Schwarz-Wei�-Filmen, wo das verhei�ungsvolle wei�e Gewedel und Gewinke dem Abschied eine gewisse Fr�hlichkeit verleiht � wird doch � statt Tr�nen darin zu verlieren � das Tuch zum flatternden Boten frischer Gen�sse. Inzwischen sind die Taschent�cher unterschiedlicher Herkunft zumeist stillgelegt. Ihre Nachfolger hei�en Tempo und werden schon in ihrer Bestimmung, M�ll zu sein, produziert.