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Tricia Flanagan

ERÖFFNUNG
SAMSTAG, 31. JANUAR 2004

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Was ist das Wesen eines Loches? Steht es nicht für etwas Abwesendes, Verlorenes, Fehlendes, etwas, was einst vorhanden war und nun, wenn überhaupt, nur durch ein Surrogat nachgebildet werden kann? Und selbst wenn letzteres, etwa mittels perfektionierter Handarbeit, möglichst unauffällig und genau eingepasst und somit also kaum vom einstigen Original unterscheidbar – erinnert es nicht allein schon seiner Negativ-Form nach stets an das, was es ersetzt? Wie entstehen Löcher? Sind sie es als Fehlstellen in Textilien überhaupt (noch) wert, gestopft zu werden?

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Was ist das Wesen eines Loches? Steht es nicht für etwas Abwesendes, Verlorenes, Fehlendes, etwas, was einst vorhanden war und nun, wenn überhaupt, nur durch ein Surrogat nachgebildet werden kann? Und selbst wenn letzteres, etwa mittels perfektionierter Handarbeit, möglichst unauffällig und genau eingepasst und somit also kaum vom einstigen Original unterscheidbar – erinnert es nicht allein schon seiner Negativ-Form nach stets an das, was es ersetzt? Wie entstehen Löcher? Sind sie es als Fehlstellen in Textilien überhaupt (noch) wert, gestopft zu werden? Kosten Faden und Nadel und vor allem die Handarbeit nicht mehr als ein neues Kleidungsstück? Ist Stopfen nicht altmodisch und unrentabel, d. h. anachronistisch, und heute lediglich ein Hobby, etwa wie Reiten statt Autofahren? Wer repariert und wer lässt in einer wegwerfenden Konsumgesellschaft reparieren, die erst seit kurzem mehr spart, als sie ausgibt? Und wer kann überhaupt noch stopfen?

Während Flanagan im Rahmen der ersten Projekt-Aktion Löcher in den Kleidungsstücken ihrer Freunde und Bekannten stopfte, erzählten diese ihr Geschichten: als ein Entgelt in weicher Währung. Den Ausgangspunkt dieser Erzählungen, welche die Künstlerin, während sie stopfte, mittels eines Diktiergerätes aufzeichnete, bildeten meist das Loch oder das Stopfen. Wie in einem Archiv sammelte und verwahrte Tricia Flanagan nun die Fotos der gestopften Löcher und jene zugehörigen Tonbandaufzeichnungen der Geschichten, die sie letztendlich füllten – Text wurde zum Textil und umgekehrt.

Anfang Dezember 2004 stopfte Tricia Flanagan öffentlich im K&K Kiosk. Wiederum im Tausch gegen eine Geschichte. Wer sein Kleidungsstück – aus welchen Gründen auch immer – der Aufbesserung für wert befand oder wer einfach kommunizieren wollte, konnte sich an die Künstlerin wenden.

Silke Opitz