VIA MONTE NAPOLEONE
K&K
ERÖFFNUNG
SONNTAG, 14. APRIL 2002
Die Via Monte Napoleone ist ein Mythos, „eine Botschaft“ (R. Barthes). Wer sich für Haute Couture in ihrer Reinform interessiert, pilgert nach Mailand. 1797 hatte Napoleon Mailand zur Hauptstadt der Republica Cisalpina ernannt. Unter den Habsburger k. u. k. – Gouverneuren begann eine manische Erneuerungsphase der Stadt. Ein Architektenteam strukturierte die Stadt nach Plan: Das Foro Bonaparte, ein riesiger Arkadenpalast, entstand, ganze Straßenzüge, so auch die Via Monte Napoleone, wurden komplett erneuert. Der Neoklassizismus wurde den Mailändern zur Obsession.
Die Via Monte Napoleone ist ein Mythos, „eine Botschaft“ (R. Barthes). Wer sich für Haute Couture in ihrer Reinform interessiert, pilgert nach Mailand. 1797 hatte Napoleon Mailand zur Hauptstadt der Republica Cisalpina ernannt. Unter den Habsburger k. u. k. – Gouverneuren begann eine manische Erneuerungsphase der Stadt. Ein Architektenteam strukturierte die Stadt nach Plan: Das Foro Bonaparte, ein riesiger Arkadenpalast, entstand, ganze Straßenzüge, so auch die Via Monte Napoleone, wurden komplett erneuert. Der Neoklassizismus wurde den Mailändern zur Obsession. Die beiden Architekten Giuseppe Piermarini und Leopold Pollack bauten das Teatro della Scala und den Palazzo Belgioso. Die Industrialisierung – auch die Textilindustrie – machte Mailand gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts zum wichtigsten Finanz- und Industriezentrum Italiens, die Scala zum bedeutendsten Opernhaus. In der Belle Epoque wurde Mailand eine Metropole. Der Futurismus als künstlerische Avantgarde kultivierte Geschwindigkeit und Fortschritt. Mailand wurde zur Idealstadt der Künstler.
„It was in Italy that I discovered – and fell in love with – Giorgio Armani. Following a woman clad in Prada from head to eelskin-tapped toe, who led me to some of the best shops in Milan. I am certain she thought I was stalking her (which wasn’t exactly the case) but before she could confront me she realized that she had left her shopping stalker behind in Armani. I drank in Armani’s sleek lines, crisp fabrics and statuesque salpeople, all of which look as if they’d just finished a strut down Armani’s runway. I spent a small fortune on the elegantest menswear: a sharp-looking suit for my brother and a few ties for my father, took one last look around the shop and hit the streets once again. You’re never finished shopping in Milan.“ (Sabrina Friedman, travel.info@travel-italx.com)
Die Via Napoleone ist verschwenderischer Luxus und schnöder Alltag in einem. Keineswegs kommt sie in der atmosphärischen Grandezza daher, die in den Reiseführern hymnisch besungen wird. Zwar reiht sich Boutique an Boutique, ein großer Designername prangt neben dem anderen in bekannter und altersloser Typographie: Corporate Identities. Aber Mode-Imperien sind längst Aktienverkäufer, wie Gucci und Prada, die gleich mehrere Läden auf der Via Monte Napoleone besetzen: Guccis neuester Shop samt Palazzo hat rund 45 Millionen Euro gekostet. Zwischen Chanel, Dior, Valentino und Louis Vuitton, Etro und Versace findet man auch Venine, das teure Muranoglas für den Beistelltisch, den alteingesessenen Bäcker mit dem großartigen Exportpanettone, ein Geschäft für luxusausgestattete Kinderwagen und viele Baustellen: Cartier zieht um, Prada erweitert, Valentino macht sich frisch für den Sommer. Die Camper-Schuhe sind im Ausverkauf und man fragt sich, was diese kultige Billigschuhmarke auf der Via Monte Napoleone zu suchen hat. Der Laden ist voll: mit Japanern. Die Straße ist auch voll: mit Japanern, die Päckchen und Tüten tragen, mit Motorrädern, Lieferwagen und Einbahnstraßenverkehr. Vordergründig kommt dies nicht mythisch, sondern dinglich daher.